Was ist eigentlich Krankengymnastik?
„Krankengymnastik“ ist genau genommen der ältere und aus heutiger Sicht unvollständigere Begriff des komplexen physiotherapeutischen Behandlungsspektrums, wird aber im deutschen Sprachraum dennoch nach wie vor häufig als Oberbegriff verwendet (vor allem bei älteren Generationen). „KG“ (Krankengymnastik) erscheint auch noch weiterhin als Basis-Verordnung auf den ärztlich erstellten Rezepten.
Definitionsgemäß befasst sich die Krankengymnastik mit Einschränkungen der Mobilität und Funktionalität im Alltag und bedient sich dabei vornehmlich aktiver Übungen, die die Patient*innen in der Therapie erlernen und dann nach Möglichkeit eigenständig Zuhause weiterführen und in den Alltag integrieren.
Die Auswahl der jeweiligen Behandlungstechniken ist dabei immer abhängig von Diagnose und Befund und berücksichtigt die persönlichen Ziele und individuellen Hintergründe der Patient*innen.
Nur mit dem Einverständnis der Patient*innen wird eine Behandlung durchgeführt, und nur mit Hilfe der „Compliance“, also der Einhaltung von Grundregeln der Zusammenarbeit, der eigenen aktiven Mitwirkung bei der Therapie und der Akzeptanz der gewählten Maßnahmen, kann es zu einer positiven Wirksamkeit kommen.
Klassische Beschwerdebereiche und Indikationen für Krankengymnastik sind zum Beispiel
- Akute und chronische Rückenschmerzen
- Diagnosen aus dem Themenkreis Schulter-Nacken-Beschwerden
- Arthrose in Hüften, Knien, Schultern und anderen großen Gelenken
- Zustand nach orthopädisch-chirurgischen Eingriffen zur Wiedererlangung der Mobilität und Funktionalität
- Gangunsicherheiten (Sturzprophylaxe)
- Haltungsschäden/ Insuffizienzen (z.B. Skoliosen)
- Allgemeine Schmerzsyndrome (z.B. Fibromyalgie)
Zum Einsatz kommt die Krankengymnastik zum Beispiel auch bei Einschränkungen der Atemmechanik und Lungenfunktion (z.B. COPD und Asthma), mehr dazu unter der Rubrik „Reflektorische Atemtherapie“.
Ein weiteres spezielleres Gebiet ist die „Beckenbodenbehandlung“, die (bei Mann und Frau) bei Schädigungen oder Insuffizienzen des Beckenbodens angewandt wird (Z.n. Prostata-OP, bei Inkontinenzproblemen, Senkungsbeschwerden etc.)
Speziell zur Kräftigung bestimmter Muskelbereiche wird häufig die „Krankengymnastik am Gerät – KGG“ (angeleitetes Training an Geräten in Kleingruppen) verordnet, dies benötigt jedoch spezielle technische und räumliche Voraussetzungen, für die wir uns in unserer Praxis in Taunusstein-Wehen nicht entschieden haben.
Die Krankengymnastik bedient sich einer großen Auswahl an therapeutischen Übungsanleitungen: Von einfachen Übungen zur Kräftigung, Stabilisierung und Mobilisierung bis hin zu Sequenzen aus spezifischen komplexeren Konzepten wie beispielsweise die „Funktionelle Bewegungslehre nach Klein-Vogelbach“, die Spiraldynamik, Übungen nach Brunkow (Akrodynamik), spezielle Gymnastik zur Skoliosebehandlung und viele mehr. Auch Ansätze aus Yoga, Pilates, Thai Chi und Chi Gong finden immer wieder ihre Anwendung.
Übungen werden entweder mit eigenem Körpergewicht durchgeführt oder es kommen verschiedene Kleingeräte wie Theraband, Hanteln, Bälle, Stabi-Bar oder auch instabile Unterlagen wie z.B. Holzkreisel, Trampolin und Airexmatte zum Einsatz.
Ebenso werden oft auch individuelle problematische Alltagsbewegungen der Patient*innen identifiziert, an denen dann ganz konkret gearbeitet wird und die wieder reaktiviert oder auch modifiziert werden. Man spricht dabei von „ADL-Training“ (Activities of Daily Life – Aktivitäten des täglichen Lebens). Hierbei spielt zum Beispiel auch die Gangschule und Sturzprophylaxe eine große Rolle. Ein weiteres sehr häufiges Beispiel sind Beratungen und Anleitungen für Haltungen und Tätigkeiten am Arbeitsplatz (Ergonomie) oder Ideen zur Optimierung der Regeneration im Schlaf (Schlafhaltung, Kissenunterstützung).
Aus ganzheitlicher Sicht spielen bei allen körperlichen Beschwerden auch immer die psychologischen und emotionalen Komponenten eine große Rolle, daher werden auch Themenbereiche wie berufliche und private Stress- sowie Trauma-Bewältigung immer wichtiger. Dies kann zunächst über Entspannungsübungen und der Anleitung für stressreduzierende Eigenmaßnahmen adressiert werden, bedarf manchmal aber auch intensiverer Behandlung, die wir in unserer Praxis über speziell ausgebildete und erfahrene Therapeut*innen in den Bereichen „Craniosacral-Therapie“ und „Somatic Experiencing (SE)“ anbieten können.
Neben den aktiven Anteilen und der Alltagsberatung beinhaltet die Krankengymnastik auch passive Maßnahmen wie z.B. passive und assistive Mobilisation von Gelenken sowie spezifische Weichteiltechniken (z. B. Triggerpunktbehandlung, Shiatsu, medizinische mobilisierende Massagen, Myofasziale Techniken), Dehntechniken, Schröpfen etc.
Falls verordnet, kann der Effekt der Krankengymnastik durch Ergänzung von physikalischen Anwendungen wie Wärme- oder Kältetherapie, Ultraschall oder Elektrotherapie optimiert werden. Dies führt häufig zu einem verbesserten Therapieergebnis oder/ und rascherem Heilungsverlauf.
Alle unsere therapeutischen Mitarbeiter*innen sind staatlich anerkannte Physiotherapeut*innen und sind befähigt, verordnete Krankengymnastik mit Ihnen durchzuführen. Dabei erfolgen Weiterbildung und Spezialisierung seltener in Bezug auf Körperregionen, als viel mehr bezüglich medizinischer Fachbereiche, Diagnosegruppen und Behandlungsansätze.
Eine Auswahl an spezifischeren Bereichen und Zusatzverordnungen, die wir in unserer Praxis in Taunusstein-Wehen anbieten, finden Sie im weiteren Verlauf beschrieben.